Kreditrisiko, Liquiditätsrisiko und die PRC als Gesamtrisikoindikator
Einleitung
In den ersten beiden Beiträgen dieser Artikelserie wurden die Volatilität und der Value at Risk (VaR) als Risikoindikatoren für das Marktrisiko von Finanzinstrumenten vorgestellt. In diesem Beitrag betrachten wir zum einen die beiden anderen zentralen Risikofaktoren von Anlageprodukten, das Kreditrisiko und das Liquiditätsrisiko und zum anderen werfen wir einen Blick auf die als PRC bekannte Produktrisikoklassifizierung, welche im Wealth Management vieler Finanzinstitute für die Risikobeurteilung, Risikoaufklärung und den Vergleich von Risiken verschiedener Anlageprodukte verwendet wird.
Das Kreditrisiko als Risikofaktor
Im vorliegenden Fall verstehen wir unter Kreditrisiko zum überwiegenden Teil das Kontrahentenrisiko. Dies umfasst neben dem klassischen Kreditrisiko – z.B. aus Geldmarktgeschäften – insbesondere auch die Ausfallrisiken, die aus Derivatepositionen oder bei der Abwicklung von Finanztransaktionen entstehen. Eine Messung dieses Risikos kann über den Credit Spread erfolgen. Der Credit Spread ist das Ergebnis eines Preisbildungsprozesses am Kapitalmarkt und drückt die Einschätzung der Marktteilnehmer über das der Anlage inhärente Ausfall- und Bonitätsrisiko des Kreditnehmers, Emittenten oder Kontrahenten aus. Im Allgemeinen wird er auf die risikolose Zinskurve aufgeschlagen. Wir messen daher den Credit Spread aus dem Marktpreis indem wir jenen Unbekannten Aufschlag auf die risikolose Zinskurve berechnen, damit der berechnete Wert mit dem Marktwert des Produkts übereinstimmt. Dieser Aufschlag wird als Implied Credit Spread bezeichnet.
Das Liquiditätsrisiko als Risikofaktor
Im Kontext der Privatanlage bezeichnet Liquiditätsrisiko das Risiko an einem Marktplatz einen Basiswert schnell gegen etwas eintauschen zu können (z.B. Liquidität) ohne massive Abschläge hinnehmen zu müssen. Ein gutes Maß für das Liquiditätsrisiko ist der Bid-Ask Spread. Prinzipiell unterscheidet man zwischen Bid-Preis und Ask-Preis, wobei der Bid-Preis jener Preis ist, den ein potenzieller Käufer bereit ist für etwas zu bezahlen und der Ask-Preis der niedrigste Preis ist, bei dem ein potentieller Verkäufer bereit ist, etwas zu verkaufen. Die Differenz zwischen Ask-Preis und Bid-Preis wird als Bid-Ask Spread bezeichnet. Ein kleiner Bid-Ask Spread zeigt im Normalfall ein niedriges Liquiditätsrisiko an.
Die PRC als Gesamtrisikoindikator eines Anlageprodukts
Warum überhaupt Produktklassifizierung?
Nun diese dient der besseren Vergleichbarkeit von Finanzinstrumenten über verschiedene Anlageklassen hinweg. Die Notwendigkeit für diese Vergleichbarkeit ergibt sich aus den verschiedensten regulatorischen Anforderungen, die quer über Europa bereits in Kraft sind oder in der näheren Zukunft in Kraft treten werden.
So gibt zum Beispiel die europäische Markets in Financial Instruments Directive (MiFID II) oder das schweizerische Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) der Anlegeraufklärung und dem Anlegerschutz grosses Gewicht.
Gerade für eine transparente Aufklärung des Kunden über Finanzinstrumente und deren Risiken ist eine Produktrisikoklassifizierung, welche die Vergleichbarkeit des Risikos über verschiedene Produkttypen und Anlageklassen hinweg ermöglicht, essenziell. Für bestimmte Anlageprodukte hat aus diesem Grund der Regulator für den Europäischen Markt in der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), bereits klare Vorgaben für die Ausweisung von Risiken erlassen. Diese Bestimmungen sind jedoch auf einen abschliessend definierten Kreis von Anlageprodukten bezogen und wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die nachfolgend vorgestellte PRC Methodologie in keiner Weise die Vorgaben des Regulators für die sog. PRIIP ersetzen kann. Vielmehr betrachten wir die PRC als eine universelle Produktrisikoklassifizierung die einen Vergleich der Risiken über alle Produkttypen und Anlageklassen hinweg ermöglicht und die Risikoklassifizierung der PRIIP Verordnung ergänzen kann.
Methoden der Produktrisikoklassifizierung
Es gibt verschiedene Methoden der Produktrisikoklassifizierung. Der überwiegende Teil davon berücksichtigt jedoch die nachfolgend aufgeführten und bereits in diesem und den vorangehenden Artikeln betrachteten, zentralen Risikofaktoren von Anlageprodukten:
- Marktrisiko
- Kreditrisiko
- Liquiditätsrisiko
Die Art und Weise wie diese Risikofaktoren in die Produktrisikoklassifizierung einbezogen werden, ob qualitative oder quantitative Ansätze berücksichtigt werden und in welcher Gewichtung die Risikofaktoren für die Bezifferung des Gesamtrisikos des Anlageproduktes verwendet werden, unterscheidet sich von Anbieter zu Anbieter. Nachfolgend möchten wir deshalb die Methodik der UnRiskOmega AG vorstellen, die sich, unter Berücksichtigung der teilweise hohen Kosten für Markt- und Referenzdaten sowie qualitativen Daten, für eine rein quantitative Modellierung entschieden hat
Interessiert an mehr Informationen?
Kontaktieren Sie uns.
PRC Methodologie
Das PRC Modell von UnRiskOmega basiert auf einer Kategorisierung eines beliebigen Anlageprodukts mit der Möglichkeit für den Kunden die PRC Bandbreite festzulegen (z.B. 1-5 oder 1-7). Die einzelnen Risiken fliessen folgendermaßen in die Berechnung des PRC ein:
Marktrisiko
Das Marktrisiko basiert auf der Volatilität und dem Liquidity Adjusted Value-at-Risk (LVaR) des Anlageproduktes, wobei die Volatilität der zentrale Treiber ist und anhand des LVaR das Marktrisiko nach oben korrigiert werden kann.


Die Volatilität wird auf Monatsbasis berechnet. Der Zeitreihe liegt eine 5-jährige Historie zugrunde, aus der die Returns mit Hilfe eines Moving Window Verfahren bestimmt werden. Der VaR wird historisch bestimmt – es kommt der 1-Jahres VaR zur Anwendung.
Um für illiquide oder strukturierte Instrumente eine Zeitreihe berechnen zu können, werden diese Instrumente mit Hilfe eines Mark to Model Ansatzes bewertet, bei dem eine Bewertung unter Verwendung der zugrunde liegenden Risikofaktoren/Produktdaten (Yield Curves , Credit Spreads, Coupon Dates, …) erfolgt. Dabei kommen verschiedene numerische Verfahren wie QMC zum Einsatz.
Aus dem Marktrisiko-Indikator und dem Marktrisiko-Inkrement wird das Markt-PRC gebildet, welches für die Ermittlung der PRC auf Produktstufe herangezogen wird.
Kreditrisiko
Das Kreditrisiko wird für Anlageprodukte mit Zinskomponenten berechnet. Als Indikator dient der Implied Credit Spread, welcher aus der Differenz des Fair Values und dem gehandelten Preis berechnet wird

Der Kreditrisiko-Indikator wird als Kredit-PRC definiert, welches ebenfalls für die Ermittlung der PRC auf Produktstufe herangezogen wird.
Liquiditätsrisiko
Das Liquiditätsrisiko wird über die Differenz des Bid und Ask Preises bestimmt (Liquidity Spread) und fliesst als Liquidity Adjustment Faktor in den VaR und damit in das Marktrisiko ein.

PRC als Gesamtrisikoindikator des Anlageprodukts
Der PRC wird als aggregierter Risikoindikator auf Basis der unterliegenden Risikoindikatoren ausgewiesen, wobei standardmässig der PRC als Maximum aus Marktrisikoindikator (inkl. Liquiditätsrisiko) und Kreditrisikoindikator definiert ist.
Datenmanagement und Fallback-Logik
Aus der beschriebenen PRC Methodologie wird ersichtlich, dass zur Bestimmung des PRC unterschiedliche viele Markt- und Referenzdaten verfügbar sein müssen. Gerade für die Bewertung von komplexeren Anlageprodukten wie z.B. Strukturierten Produkten müssen neben den Zeitreihen der Underlyings auch weitere Informationen zum Anlageprodukt selbst (Laufzeit, Barrieren, …) vorhanden sein, damit akkurate Risikobewertungen durchgeführt werden können. Für Zeitreihen sind (wie weiter oben bereits erwähnt) Daten der letzten 5 Jahre notwendig.
Wenn in Einzelfällen keine genügenden (z.B. zu kurze Zeitreihe) oder gar keine Daten (z.B. OTC-Produkt) vorhanden sind und damit eine Berechnung gemäss Modellvorgabe nicht möglich ist, sieht die PRC Methodologie verschiedene Fallback-Logiken vor. Über die Fallback-Logik können Anlageprodukte mit ungenügender Datenlage approximiert oder substituiert werden, um eine Komplettabdeckung für ein Produktuniversum zu erreichen.
Fazit
Die PRC eignet sich besonders um den Kunden im Wealth Management auf einfache und verständliche Weise die Risiken unterschiedlicher Anlageprodukte zu erklären. Sie berücksichtigt dabei die zentralen Risikofaktoren eines Anlageprodukts und kann, in der Form wie UnRiskOmega sie anbietet, dank rein quantitativer Methodik und intelligenter Fallback-Logik für alle Arten von Anlageprodukten berechnet werden.
Die PRC ist zusammengefasst:
- Ein einfach verständlicher, transparenter Risikoindikator zum Vergleich finanzieller Risiken unterschiedlicher Anlageprodukte.
- Ein Risikoindikator, der sich auf das Einzeltitelrisiko ohne Berücksichtigung von Portfolioaspekten bezieht.
- Ein Risikoindikator, der den Finanzdienstleister bei der Erfüllung seiner regulatorischen Pflichten (FIDLEG, MiFID II) unterstützen kann («Berücksichtigung aller Risikoaspekte in der Beratung“).
Die PRC ist aber nicht:
- Ein Risikoindikator für Portfoliorisiken und kann eine sorgfältige Risikobewertung eines Anlageportfolios deshalb nicht ersetzen.
- Ein genaues Risikomass für die Steuerung, sondern er dient der Vergleichbarkeit von Anlageprodukten verschiedener Anlageklassen.
- Ein Ersatz für jene Risikokennzahlen wie Volatilität und VaR, welche zur genauen Analyse genutzt werden sollten.